jeudi 29 mai 2008

Kabinettsumbildung zum dritten Jahrestag der georgischen „Rosenrevolution“

Artikel erschienen am 20/12/2006
Von Nicolas LANDRU in Tbilissi, übersetzt von Gudrun STAEDEL-SCHNEIDER


© Nicolas Landru (Tbilissi, 2006)

In den letzten Wochen hat sich die Auswechslung hoher Regierungsposten in Georgien als einzige Möglichkeit erwiesen, politische Änderungen öffentlich deutlich zu machen, da Diskurs und Aktionen gleich blieben. Die jüngste Flut der Änderungen auf der Kabinettsliste ist mit dem Kampf um Einfluss zwischen politischen Gruppen verknüpft, aber sie erfolgt zu einem strategisch gut gewählten Zeitpunkt und vor dem Hintergrund einer Bilanz von drei Jahren „Rosenrevolution“, die am Donnerstag, dem 23. November 2006, dem Tag des Heiligen Georg, gefeiert wurde.

Während die Spannungen in Georgien vor dem Referendum in Südossetien und dem von den georgischen Behörden organisierten alternativen Pendant einen Höhepunkt erreichten, war es ein politischer Paukenschlag, der auf die friedliche Entwicklung der Ereignisse hinwies. Am 10. November 2006, zwei Tage vor dem Referendum, wurde der charismatische und einflussreiche Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili, der Held der angestrebten Wiederherstellung der territorialen Einheit des Landes, aus seinem geliebten Ressort heraus in das der Wirtschaft versetzt, sozusagen hinauskomplimentiert. Seine Popularität hätte eine eindeutig als solche erkennbare Ausschaltung nicht erlaubt.

Der Verlauf der Konfrontation zwischen Tbilissi und dem separatistischen Regime in Zchinwali hatte bereits zu einer symbolischen Auswechslung geführt: am 9. November 2006 hatte der südossetische Präsident Eduard Kokoity einen neuen Sicherheitschef ernannt, den in diesen Dingen erfahrenen Russen Boris Atojew, der für den Kreml bereits in Afghanistan, Kabardino-Balkarien und in Moskau gearbeitet hat. Ein Zeichen und eine Warnung. Auf der Gegenseite: Okruaschwili, der die Eroberung von Zchinwali durch die georgische Armee auf seine Fahnen geschrieben und erklärt hat, dass er das neue Jahr in Zchinwali feiern wolle. Sein Wechsel am nächsten Tag, der nicht lange geheim blieb, da er von seinem neuen Posten bereits eine Woche später zurücktrat, gebot den steigenden Spannungen Einhalt. Auch wenn dies nicht zu einer Änderung der Rhetorik der beiden Seiten führte, so war diese Änderung trotz allem eine deutliche Ankündigung.

Wer steckt hinter dieser strategischen Wende? Sind Moskau und Tbilissi hinter den Kulissen zu einer Einigung gekommen? Hat das Weiße Haus Saakaschwili wissen lassen, dass man ihn nur bis zu einem gewissen Punkt unterstützen würde, vor allem nach der Niederlage der Republikaner bei den amerikanischen Kongress- und Senatswahlen? Die Kräfte in der Region scheinen sich mehr oder weniger darauf verständigt zu haben, der nach der Affäre um die russischen Spione gestiegenen Spannung blitzschnell die Spitze zu nehmen. Eine Revision der patriotischen Rhetorik wäre Gefahr gelaufen, die Führungspersonen einer Woge der Unpopularität auszusetzen, und so war die Entlassung der zentralen Figur des Konfliktes das stärkste Zeichen, das Tbilissi geben konnte. Es hat seither keine Zusammenstöße mehr in Südossetien gegeben. Aber Okruaschwili zählt auf seine Rückkehr: „Mein Herz und meine Seele bleiben bei der Armee,“ erklärte er am Tag nach seiner Entlassung aus dem Verteidigungsministerium und schwor, dass er eines Tages in die Armee zurückkehren und die territoriale Integrität Georgiens wieder herstellen werde.

Eine umfassende Umbildung der Regierungsmannschaft

Die Tragweite der Entlassung Okruaschwilis reicht aber für die aus der „Rosenrevolution“ hervorgegangene Regierung über die Beziehungen mit Zchinwali und mit den Großmächten hinaus. Die Auswechslung Okruaschwilis durch den früheren Chef der Steuerfahndung, David Keseraschwili, bildet das Herzstück einer umfassenden Operation zur Umbildung der Regierungsannschaft.

Der ebenfalls entlassene Wirtschaftsminister Irakli Tschogowadse wurde zum Vorstandsvorsitzenden der Staatlichen Öl- und Gasgesellschaft (GOGC) ernannt. Von diesem Posten trat er nur um eine Woche später zurück. Er wurde ersetzt durch Alexander Chetaguri, den stellvertretenden Minister für Energie. Der kachetische Gouverneur Peter Tsiskarischwili, der durch den Abgeordneten Gia Natswischwili ersetzt wurde, wurde anstelle von Michail Swimonischwili Landwirtschaftsminister. Swimonischwili wiederum wurde zum Gouverneur von Gurien ernannt. Neuer Chef der Steuerfahndung ist David Karseladse. Schließlich übernahm nach dem zweiten Paukenschlag, dem Rücktritt Okruaschwilis und seinem provisorischen Rückzug aus dem politischen Leben Georgiens, der frühe Chef der Präsidialverwaltung Giorgi Arweladse, das Wirtschaftsministerium.

Fraktionskämpfe: Der große Sieger „Liberty Institute“

Wenn man zu den Anfängen der „Rosenrevolution“ zurückgeht, so findet man dort eine Troika: Schwania-Burdschanadse-Saakaschwili und ihre jeweiligen Mannschaften. Nach der Revolution haben die neuen Abgeordneten für eine Minderung der Rolle des Parlamentes votiert. Die Gruppe um Burdschanadse war damit geschwächt. Als Surab Schwania unter zweifelhaften Umständen starb, wurde auch sein Clan geschwächt und ging schließlich teilweise in den Kreisen um Saakaschwili auf.

Zu ihnen gehören einerseits die Gruppe des Liberty Institute um den Innenminister Vano Merabischwili, mit Giga Bokeria und dem Bildungsminister Kacha Lomaia. Andererseits standen Kote Kemularia als Justizminister, Salome Surabischwili als Außenministerin und Okruaschwili als Verteidigungsminister dem Präsidenten nahe. Kemularia und Surabischwili wurden 2005 entlassen.

„In Georgien wird weder Autorität noch Kompetenz delegiert. Keine Institution ist vor Einmischung sicher.“

Die Gruppe des Liberty Institute hat es also geschafft, beinahe alle aus der Bewegung hervorgegangenen Gruppierungen von der Macht zu verdrängen. Einflussreich, vermögend, populär, mit dem Image „nicht korrumpierbar“ versehen – Okruaschwili schien unantastbar. Dennoch schien er, mit dem Einfluss, den er sich erarbeitet hatte, Saakaschwili selbst zu bedrohen. Mit dem nun vollendeten Ausschluss von der Macht scheint es Merabischwili, Bokeria und Lomaia gelungen zu sein, alle anderen bedeutsamen Gruppen, vor allem die, die Saakaschwili nahe standen, auszuschalten.

Letzterer ist nun mit der Truppe des Liberty Institute auf sich allein gestellt, ebenso der isolierte Premierminister Surab Nogaideli und seine Mitstreiter im Wirtschaftsministerium. Aber auch ihr Einfluss scheint zweitrangig. Die letzten „Männer“ des Präsidenten, Gela Beschuaschwili als Außenminister und Generalstaatsanwalt Surab Adeischwili, genießen nur wenig Popularität und haben ganz sicher noch nie versucht, ihre eigenen Seilschaften zu bilden.
Auch wenn die Kabinettsumbildung im November und die Ausschaltung Okruaschwilis während einer Krise internationalen Ausmaßes begonnen wurde, so hat sie auf nationaler Ebene den Innenminister zum starken Mann der Regierung neben dem Präsidenten gemacht. Pluralismus und Vielfalt der Führungsmannschaften sind, drei Jahre nach der Rosenrevolution, auf dem Rückzug und die Macht hat sich stark auf die Achse Saakaschwili-Merabischwili konzentriert.

Der jüngste Bericht von Transparency International „Gewaltenteilung in Georgien“ ist dagegen beunruhigend: „In Georgien wird weder Autorität noch Kompetenz delegiert. Keine Institution ist vor Einmischung sicher.“

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